
Unser neues Bioland-Rapsöl ist da!
17. September 2025Ein Blick über unsere Felder könnte gerade für Verwirrung sorgen: Überall sieht man Dämme, als würden wir plötzlich über den Winter Kartoffeln oder Spargel anbauen. Doch tatsächlich wachsen dort Weizen, Roggen, Dinkel und Ackerbohnen – nur eben auf eine ganz besondere Art und Weise.
Tradition trifft Innovation
Bei unserer jüngsten Umstellung haben wir uns von einer Jahrhunderte alten Tradition aus Nordwestspanien inspirieren lassen: der Dammkultur. Was Julian Turiel dort noch als Kind auf dem elterlichen Betrieb erlebte und für die moderne Landwirtschaft weiterentwickelt hat, praktizieren wir nun auf unseren Feldern in Hamm.

Was ist Dammkultur eigentlich?
Der Acker wird nicht mehr flach bearbeitet, sondern in lockere Dämme aufgehäufelt. Auf der Krone dieser Dämme – 60 Zentimeter breit – wachsen dann unsere Kulturpflanzen. Die gleiche Saatmenge wie vorher wird einfach in einer oder zwei Reihen auf dem Damm eingesät. Durch stärkere Bestockung und besseres Wurzelwachstum gibt es keinen Ertragsverlust gegenüber dem Flachanbau.
Bereits vor Jahren haben wir mit dem Anbau von Brotgetreide in weiter Reihe experimentiert und gute Erfahrungen gemacht. Die Dammkultur geht nun noch einen Schritt weiter.

Warum der Boden aufatmet
Das Schönste an diesem System: Der Boden kann endlich wieder atmen. Durch die lockere Struktur der Dämme entsteht ein einzigartiges Mikroklima. Tagsüber steigt warme Luft von der Furche zur Dammspitze, nachts sinkt die kühle Luft wieder ab – wie ein natürliches Lungensystem. Dieser Luftaustausch findet nicht nur an der Oberfläche statt, sondern auch in der Erde selbst.
Davon profitiert das Bodenleben enorm. Verschiedene Kleinstlebewesen und besonders die wertvollen Mykorrhiza-Pilze gedeihen prächtig in dieser sauerstoffreichen Umgebung. Diese Pilze gehen symbiotische Beziehungen mit den Pflanzenwurzeln ein und unterstützen die Nährstoffaufnahme.
Wasser in trockenen Zeiten
Ein Aspekt, der uns in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig ist: die Wasserspeicherung. Die Dämme haben zwar eine größere Oberfläche als ein flaches Feld, trotzdem speichern sie mehr Feuchtigkeit. Wasser gelangt bis in den Dammkern und wird dort von der lockeren Erdschicht wie von einer Mulchdecke geschützt.
Unsere Pflanzen können tiefere Wurzeln ausbilden und erreichen auch in trockenen Perioden noch Feuchtigkeit. Das ist besonders wichtig für uns als Betrieb ohne Bewässerung – wir sind auf das angewiesen, was der Himmel uns schenkt. Die Dammkultur hilft uns, damit besser haushalten zu können.

Unkraut? Mechanisch im Griff!
Als Biolandbetrieb setzen wir ausschließlich auf mechanische Unkrautregulierung – chemische Mittel kommen uns nicht auf den Acker. Die Dammkultur macht diese Arbeit deutlich effizienter. Das Geniale: Das System führt sich selbst. Die schmalen Rillen, die beim Anlegen der Dämme in den Tälern entstehen, funktionieren bei späteren Bearbeitungsgängen wie „Schienen“.
Man fährt mehrmals mit dem Rahmen und angebauten Hackwerkzeugen durch die Kultur und bekämpft so die Beikräuter. Dabei braucht man weder GPS noch hochmoderne und teuere Kameratechnik – das Gerät läuft wie von selbst in der Spur. Für uns als kleinen Betrieb ist das ein großer Vorteil.

Effizienz für den kleinen Betrieb
Apropos kleiner Betrieb: Das modulare System der Dammkultur passt perfekt zu uns. Wir benötigen im Prinzip nur noch ein Gerät für verschiedene Aufgaben – Stoppelumbruch, Säen, Unkrautbekämpfung, Dammpflege. Dadurch konnten wir viele unserer alten Maschinen verkaufen. Das spart nicht nur Platz im Schuppen, sondern auch Wartungskosten und Kraftstoff.
Schrauben ist mühsam
Natürlich hat auch dieses System seine Herausforderungen. Man muss viel beobachten und händisch einstellen: jedes Grindel, jedes Säschar, jedes Paddel, jedes Hackwerkzeug muss genau angepasst werden. Das bedeutet: Mit dem Schraubenschlüssel unter das Gerät kriechen und Klemmschrauben lösen und wieder festziehen. Das braucht Zeit und Mühe, aber das Ergebnis ist eine präzise und optimale Einstellung auf die jeweiligen Verhältnisse auf Acker. Wir haben am Anfang sicher auch ein paar Fehler gemacht – das gehört zum Lernen dazu.
Aber genau diese intensive Auseinandersetzung mit dem Acker hat auch etwas Gutes: Man lernt seine Flächen viel besser kennen. Man spürt, wo der Boden noch Probleme hat, wo er sich schon gut entwickelt. Man kann flexibel reagieren statt stur nach Schema F zu arbeiten.

Unsere Bilanz nach der Umstellung
Trotz der Anfangsschwierigkeiten sind wir sehr zufrieden. Wir können auf den Pflug verzichten. Unsere Pflanzen sind vitaler, das Bodenleben ist aktiver. Besonders freut uns, dass unser Boden Jahr für Jahr besser wird. Die intensive Feinwurzelung, die in den lockeren Dämmen entsteht, baut Humus auf. Wurzelunkräuter wie Disteln und Ampfer, die vorher Probleme machten, verschwinden nach und nach. Auch die Strohbergung funktioniert, wenn der Pressenfahrer etwas Geduld mitbringt.
Das einzige, was weiterhin flach angebaut wird, ist das Kleegras. Das Schneiden, Wenden und Schwaden funktioniert einfacherer und sauberer. Aber alles andere in unserer Fruchtfolge steht nur noch auf dem Damm.

Ein altes Prinzip, neu gedacht
Julian Turiel hat über 30 Jahre daran gearbeitet, die traditionelle Dammkultur seiner spanischen Heimat für moderne Betriebe nutzbar zu machen. Heute setzen Landwirte in ganz Europa erfolgreich auf dieses System – vom kleinen Biolandhof wie unserem bis hin zu größeren Betrieben.
Das zeigt: Manchmal lohnt es sich, auf alte Prinzipien zurückzugreifen und sie mit heutigem Wissen zu verbinden, Tradition und Innovation zu vereinen.




